Vor einigen Jahren habe ich mal auf der Arbeit mit einigen Kollegen zusammen eine mehrtägige Fortbildug zum Thema "Kommunikation" mit schwerpunkt auf internationale Zusammenarbeit teilgenommen.
Der Kurs wurde geleitet von Jürgen Schulze Seeger, der sich mit seinen Schulungs- Und Augbildungsangeboten bereits einen Namen gemacht hat.
Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir das "Schulze Seegersche Rasiermesser":
Kurz gesagt das bewusste Trennen der bekannten Fakten vom von Vorurteilen, Erfahrungen und Mustern geprägten, im Geiste geschaffenen Gesamtbild.
Beispielhaft hat er das Prinzip mit einem kurzen Erfahrungsbericht veranschaulicht:
Er war mitten in Berlin auf Parkplatzsuche, seit bereits fast einer Stunde. Ziemlich genervt, fand er dann endlich eine freihe Parklücke, fuhr daneben und setzte den Blinker, um rückwärts einzuparken. In dem Moment kam plötzlich von hinten ein silberner Audi mit getönten Scheiben und fuhr zügig vorwärts in seine Lücke.
Stinksauer sprang er aus seinem Wagen, um dem Fahrer des Audi die Meinung zu sagen. Er stellte sich vor, wie ein sich diebisch freuender, selbstverliebter junger Mann mit Sonnenbrille am Steuer saß.
Als er neben dem Wagen ankam und sich das Fenster öffnete, erblickte er allerdings eine eingeschüchterte alte Frau und zwei kleine Kinder auf dem Rücksitz. Die Frau sagte: "Oh, habe ich ihnen jetzt die Parklücke genommen? Tut mir Leid, ich habe nicht gesehen, dass sie geblinkt haben. Soll ich wieder raus fahren? Meine Enkelin muss nur so dringend mal auf die Toilette..."
Sein Ärger war natürlich sofort verflogen.
Ich schreibe diesen Beitrag, weil ich glaube, dass gerade ein Internetforum prädestiniert ist für derartige Fehleinschätzungen von Menschen, die natürlich nur gewisse Aspekte von sich preisgeben und wir alle manchmal versuchen sollten, die Informationen, die wir tatsächlich über gewisse Mitglieder haben, von dem zu trennen, was wir uns aufgrund von Vorurteilen, Wunschvorstellungen, Neid oder Idealisierung (bzw. Ikonisierung) dazu dichten.